Bundestrojaner beim BND: Bürgerrechtler ziehen vor den Menschenrechtsgerichtshof

Deutschlands Überwachungsrecht verletze die Menschenrechte. Diesen Vorwurf tragen Reporter ohne Grenzen (RSF) und die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) an den Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) heran. Damit geht der juristische Streit über das zuletzt 2021 vom Bundestag novellierte Gesetz für den Bundesnachrichtendienst (BND) weiter.

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Die zwei Organisationen richten sich gegen einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, eine Verfassungsbeschwerde gegen die Reform der BND-Überwachungsbefugnisse nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Straßburger Richter sollen demnach nun feststellen, dass das BND-Gesetz die in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbrieften Rechte auf Privatheit sowie auf Pressefreiheit und das damit verknüpfte Fernmeldegeheimnis verletzt.

Mit der Mehrheit der damaligen Großen Koalition hat der Bundestag dem BND unter anderem die Befugnis zum Hacken ausländischer Vermittlungsanlagen, Telekommunikationsinfrastruktur und von IT-Systemen von Providern erteilt. Der Nachrichtendienst darf damit in Computer und Handys von Ausländern im Ausland mit technischen Mitteln wie dem Bundestrojaner eindringen und heimliche Online-Durchsuchungen durchführen.

Der eigentlich fürs Ausland zuständige Geheimdienst darf ferner seit der Reform Menschen im Inland ausspähen, soweit es um sogenannte Maschine-zu-Maschine-Kommunikation geht. Diese Erfassung der Kommunikation zwischen zwei technischen Geräten sei praktisch “an keine Voraussetzungen geknüpft”, moniert die GFF. “Sie erlaubt über die Auswertung der Metadaten etwa von Gesundheitsapps oder Online-Banking potenziell weitreichende Rückschlüsse auf den körperlichen und psychischen Zustand, die Finanzkraft oder das Verhalten der Betroffenen.” Anlass für die Novelle war das von RSF und GFF erstrittene Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu BND-Massenüberwachung.

GFF-Verfahrenskoordinator Bijan Moini bedauerte, dass die Verfassungsrichter die vorgebrachten Argumente angesichts der von ihnen selbst aufgestellten Maßstäbe für den BND nicht mehr prüfen wollten, “denn das Gesetz enthält mehr Grundrechtsverstöße denn je”. Es gehe um “schwerwiegende Eingriffe in die Privatsphäre wie Staatstrojaner”. Auch bei der potenziellen Überwachungen Medienschaffender gebe es “gravierende Schutzlücken, die geschlossen werden müssen”, betonte RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus.


(vbr)

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