IT-Ausfall an deutschen Flughäfen: Polizeiliches Informationssystem liegt lahm

Ein Technikausfall bei der Bundespolizei hat an großen deutschen Flughäfen zu massiven Problemen bei der Einreise aus Nicht-Schengen-Staaten geführt. Das für die automatische Einreise zuständige IT-System funktioniere derzeit nicht, sagte ein Sprecher der Bundespolizei auf Anfrage. Die Polizei müsse die Kontrollen händisch vornehmen. Es komme “vermehrt zu Wartezeiten und Rückstau”. Betroffen seien alle großen Flughäfen bundesweit.

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Da Anfragen derzeit über ein anderes, langsameres System erfolgen. Er betonte jedoch, es herrsche kein Chaos. Das Problem betreffe auch nur Passagiere, die aus Drittstaaten außerhalb der EU kämen oder dorthin wollten – und deshalb zu Grenzkontrollen müssten. Ausdrücklich nicht betroffen seien die Sicherheitsschleusen.

Wie lange das Problem noch andauere, war am Freitagabend nicht klar. Die Zuständigkeit liege da beim Bundeskriminalamt (BKA), so der Sprecher der Bundespolizei. Die Bundespolizei in Hamburg sei da nur “Servicenehmer”. Das polizeiliche Informationssystem Inpol ist ein elektronischer Datenverbund zwischen Bund und Ländern. Betreiber ist nach Angaben der Bundesbeauftragten für den Datenschutz das BKA. Es gilt als Herzstück des Informationsverbunds der Polizeien von Bund und Ländern. Alle Polizeibehörden können dort Daten einspeichern und abrufen.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Jochen Kopelke sagte im Gespräch mit heise online genauer, welche Bestandteile des Systems von dem Ausfall betroffen seien. Demnach treten die Probleme beim sogenannten Vorgangsbearbeitungssystem auf, über das zum Beispiel laufende Ermittlungsverfahren eingesehen werden können. Betroffen sei ferner das Schengen-System, über das sich Polizeibehörden im Schengenraum untereinander austauschen, sowie ein System zum Verschicken von Briefen zwischen Polizeistellen in Deutschland – unter anderem im Rahmen von Terrorismusbekämpfung.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Heiko Teggatz, nannte die IT-Störung gegenüber der BILD-Zeitung ein “Chaos mit Ansage”. Es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, bis genau so etwas passiert. “Das ist mittlerweile eine Gefahr für das gesamte europäische Schengen-System”, warnte er. Seit drei Jahren fehle das Geld für die Modernisierung, welche die Gewerkschaft bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser oft gefordert habe. Die Kosten dafür belaufen sich laut Teggatz auf 150 Millionen Euro.

Kopelke betonte im Gespräch mit heise online, dass die Ursache vor allem in den Rechenzentren liege. “Es handelt sich nicht gerade um die modernsten Rechenzentren, die es so gibt”, sagte er. Für deren Modernisierung sei in den vergangenen Jahren nicht das nötige Geld investiert worden und man sei an das Thema auch nicht strukturiert herangegangen. “Stattdessen fahren wir den Betrieb sehr stark hoch, speisen zudem sehr viele Daten ein und vernetzen die Rechenzentren immer mehr”, erklärte er. Dieser Trend mache jetzt Probleme.

Auch im regulären Betrieb komme es teilweise zu Ausfällen, wenn bei den jetzt betroffenen Systemen gerade Updates vorgenommen würden und die Beamten auf die Landessysteme ausweichen müssten. “Die Polizisten vor Ort, sei es am Flughafen oder auf der Straße, können dann auf manche wichtigen Informationen nicht zugreifen”, erklärte er. Ob zum Beispiel eine Einreisesperre vorliegt, ob eine Person gewalttätig ist oder eine Beobachtungsmaßnahme laufe – solche Informationen seien im jeweiligen Moment dann nicht bekannt. Dasselbe sei in der aktuellen Situation an den Flughäfen der Fall.


(nen)

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